Autor: Chris Büttner
Fragt ihr euch nicht auch, worauf man beim Casting für einen Sprecherjob achten muss? Was so gar nicht geht und was einen womöglich vor andere Bewerber katapultiert?
Wenn ja, dann kommt hier der „ultimative“ (*HUST HUST*) Guide für unser oder EUER nächstes Casting!
Wer glaubt, mit einer tollen Stimme sämtliche Rollen bereits sicher zu haben, der irrt sich leider gewaltig. Zwar ist das schonmal eine super Voraussetzung, aber viel mehr kommt es darauf an, was man mit dieser Stimme zu leisten in der Lage ist. Wir zum Beispiel produzieren ein Hörspiel, also brauchen wir Sprecher, die ihre Rolle gut spielen können. Nach dem mittlerweile zweiten Casting, dass ich aus der „Studio-Perspektive“ erleben durfte, ist mir aufgefallen, dass viele Bewerber zu sehr darauf bedacht zu sein scheinen, den Text möglichst klar, deutlich und richtig aufzusagen. DAS ist aber bei so ziemlich allen Produktionen (z.B. auch bei Werbung, einem Hörbuch oder sogar Nachrichten) nicht der richtige Weg. Fast immer kommt es auf die richtige Modulation, den richtigen Duktus und Authentizität an. Ein unfassbar guter „Vorleser“ mag ein Hörbuch perfekt einsprechen können, doch muss er sich völlig anders verhalten, sobald er in eine Rolle eintaucht.
Anhand unserer Ansprüche für ein Casting, hier mal die Fakten auf den Punkt gebracht:
Basics:
- Einhalten der aktuellen Sprechregeln (z.B. „ig“-Regel)
- Textsicherheit (Versprochen? Neue Aufnahme!)
Weiteres:
- In die Rolle/n hineinversetzen und sich die Szene klar machen. In welchem Verhältnis stehen die Charaktere zueinander? Wie könnten sie aufeinander reagieren?
- Charaktere deutlich voneinander absetzen (sofern man mehrere innerhalb einer Szene spricht)
- Durch intelligent platzierte Reacts für mehr Authentizität sorgen (Schnaufen, Aus- oder Einatmer, Stotterer, Aufstoßen, Kichern, Brummen, …)
- Sätze elegant modulieren – hier mal ein Wort in die Länge ziehen, dort mal eine Pause einbauen
- Mut zum Extremen – oftmals empfinden wir etwas viel krasser, als es sich für den Zuhörer anhört. Werft eure Komfortzone über Bord! Es ist einfacher von 120% auf 100% zurückzuschrauben als von 80% auf 100% zu pushen
- Sich Zeit nehmen oder Tempo anziehen, wo es angebracht ist. Nicht durch die gesamte Szene im selben Tempo und Duktus hechten bzw. schleichen
Wer das beherzigt, hat aus meiner persönlichen Sicht die besten Chancen auf eine Rolle.
Als Bewerber muss man sich darüber im Klaren sein, was ein Studio von einem erwartet. In der Regel sind die Anweisungen zwar nicht besonders zahlreich, aber dafür klar formuliert. Wir für unseren Teil, haben eine eigene Seite auf unserer Homepage erstellt, die – sofern ein Casting in Gange ist – über diesen Link zu erreichen ist.
Was wünschen wir uns also von einem Bewerber? Aufmerksames Lesen und Einhalten dieser Anweisungen!
Außerdem ist es für uns natürlich komfortabler, wenn die Dateien in keinem zu großen Format bei uns ankommen. WAV mag das Format mit dem „saubersten“ Ton sein, sprengt jedoch sehr schnell Datenbänke, wenn innerhalb weniger Tage hunderte davon bei einem eintrudeln. Dann doch lieber die gängigen .mp3, .m4a oder ähnlich komprimierte, kleine Formate.
Die Files sollten nur mit für uns relevanten Infos benannt sein.
Gutes Beispiel: „MaxMüller_männlich, reifer“ oder „MaxMüller_Castingtext1″
Schlechtes Beispiel: „Anomalia_Take3_Max_M_Küche,Wohnzimmer,draußen_Sprecherbewerbung_ …“
Wir wissen, dass wir für Anomalia casten. Es spielt für uns keine Rolle, wie viele Takes ihr gebraucht habt oder wie lange die dauerten. Schreibt bitte euren Namen aus, da Überschneidungen nicht unwahrscheinlich sind. Unsere Texte haben eindeutige Bezeichnungen (Castingtext1 und „geschlecht, alter“) und wir wissen natürlich auch, dass diese Datei der Bewerbung als Sprecher dient. Ich denke, ihr versteht, was ich meine 😉
Dann noch ein letztes Wort zu dem, was ich zwar irgendwie niedlich finde, aber bei einer Bewerbung auch nicht unbedingt sinnvoll ist. Sollt ihr einen extra Text für uns einsprechen, überlasst das Schneiden, ein mögliches Mixing, das Einbauen von Atmos oder eine andere Form der Nachbearbeitung bitte uns. Für uns ist eure Fähigkeit als Sprecher entscheidend – nicht wie schön ihr Dateien aufbereiten könnt. Damit spart ihr Arbeit und erzielt dasselbe Ergebnis.
Da fällt mir noch etwas ein – noch ein Wort zur Tonqualität, dann seid ihr auch wirklich erlöst: Denn diese ist NICHT entscheidend. Die meisten modernen Handys gewährleisten bereits eine ausreichend gute Tonqualität, die absolut in Ordnung geht um damit eine Datei zu generieren, die eure Fähigkeit als Sprecher abbildet. Sofern keine krassen Störgeräusche dazwischenkommen oder ihr kaum zu hören bzw. zu verstehen seid, muss es kein High-End Studio-Mikro sein.
Wenn ihr es bis hierhergeschafft habt: Respekt! Und natürlich danke 😊
Viel Erfolg bei eurer nächsten Bewerbung und sorry für den „tl:dr“-Post.
Viele Grüße
Chris und das ganze Anomalia-Team